Bevor neue Medikamente oder neue Therapieformen, wie z. B. zur Behandlung von Brustkrebs, zugelassen werden und Patient:innen davon profitieren können, müssen sie verschiedene Studienphasen durchlaufen. Zuerst erfolgt eine Prüfung im Labor und im Anschluss ggf. in Tierversuchen. Erst wenn diese Untersuchungen der präklinischen Entwicklung vielversprechend verlaufen sind, können klinische Studien an Menschen geplant und durchgeführt werden. Dafür werden dann freiwillige Teilnehmer:innen gesucht. Häufige Fragen sind, wie eine Erkrankung besser behandelt, besser erkannt oder sogar verhindert werden kann. Ziel ist es in der Regel die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer neuen Behandlung, Methode oder Untersuchung zu belegen. Pharmaunternehmen oder andere Institutionen, die solche Studien durchführen, unterliegen dabei einer strengen behördlichen Kontrolle. Die Prüfung erfolgt zuerst bei einer kleinen Gruppe von gesunden Menschen, um mögliche Nebenwirkungen abzuklären (Phase I), und dann erst bei Patient:innen, für die das jeweilige Medikament entwickelt wurde (Phase II und III; ggfs. auch Phase IV zur weiteren Untersuchung nach erfolgter Zulassung). Patient:innen, die dafür in Frage kommen, werden dann in der Regel durch Ihre behandelnden Ärzt:innen auf die Möglichkeit an der Studienteilnahme aufmerksam gemacht.
Für die Zulassung neuer Arzneimittel oder Verfahren braucht es große randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs; randomized controlled trials), welches üblicherweise Phase III-Studien sind. Bei solchen Studien werden Patient:innen der Behandlungsgruppe mit einer Kontrollgruppe verglichen, die ein Scheinmedikament (Placebo) oder eine andere bereits zugelassene Behandlung erhält. Randomisiert bedeutet, dass die geeigneten Patient:innen zufällig den Gruppen zugeordnet werden. Die Zufallsverteilung gewährleistet, dass beide Gruppen ähnliche Eigenschaften haben und keine anderen Faktoren das Ergebnis beeinflussen. Hochwertige klinische Studien sind außerdem doppeltverblindet. Das heißt, dass weder die Patient:innen noch die Untersucher:innen wissen, welcher Gruppe die jeweilige Person zugeordnet wurde. Eine Verblindung verhindert, dass Erwartungen der behandelnden Ärzt:innen oder der Studienteilnehmenden die Ergebnisse klinischer Studien verfälschen.
Um verlässliche Ergebnisse liefern zu können, muss eine Studie vor ihrem Beginn sorgfältig geplant werden. Das Studienprotokoll enthält alle Informationen zum Ziel der Studie und beschreibt detailliert ihre Methodik und Organisation. Auch der Verlauf der klinischen Studie muss lückenlos dokumentiert werden. Nur so lassen sich ihre Ergebnisse später nachvollziehen und von anderen Wissenschaftler:innen überprüfen.
Aufklärungsgespräch:
Zu Beginn erfolgt ein ausführliches Aufklärungsgespräch, in dem die Details zur Studie erklärt werden wie z. B. das Ziel, die Art der Behandlung und des Medikaments. Auch mögliche Risiken werden hier besprochen. Das Gespräch ist unverbindlich und es besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Bedenken zu erörtern.
Einverständnis:
Die Teilnahme an klinischen Studien ist immer freiwillig. Bei Patient:innen, die teilnehmen möchten, muss das Einverständnis schriftlich dokumentiert werden. Die Einwilligung kann jederzeit, auch im Verlauf der Studie, zurückgezogen und die Behandlung abgebrochen werden. Eine Absage muss nicht begründet werden. Es besteht ggfs. die Möglichkeit einer weiteren Behandlung mit bereits zugelassenen Therapiemaßnahmen.
Studienbeginn:
Zunächst wird anhand von vorab definierten Ein- und Ausschlusskriterien geprüft, ob die Patient:innen alle Voraussetzungen (wie z. B. Alter, Diagnose und Vortherapien) für die Studienteilnahme erfüllen. Wenn das der Fall ist, erfolgt die Zuteilung auf eine der Gruppen. Das bedeutet, dass die Patient:innen entweder das neue Medikament bekommen oder in der Kontrollgruppe sind. Dann erhalten diese entweder ein Placebo oder aber eine andere bereits zugelassene Standardtherapie.
Studiendauer:
Während der gesamten Studiendauer finden regelmäßige Untersuchungen statt, um den Gesundheitszustand zu überprüfen. Dadurch kann die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlung kontrolliert werden. Sicherheitsaspekte werden während der gesamten Studie überprüft, so dass die Studie vorzeitig abgebrochen werden kann, falls die Risiken für die Teilnehmenden zu hoch sind. Bei einer besonders wirkungsvollen Behandlung kann eine klinische Studie auch vorzeitig beendet werden, da es unethisch wäre, die Behandlung der Kontrollgruppe vorzuenthalten.
Studienabschluss:
Nach dem Abschluss der Studie werden die Behandlungsergebnisse analysiert und ggfs. veröffentlicht. Die Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgt anonymisiert, so dass die Identität der Teilnehmenden nicht enthüllt wird. Dabei bleibt der Datenschutz, welcher durch die Datenschutzgrundverordnung geregelt ist, gewährleistet.
Die Sicherheit der Studienteilnehmer:innen hat höchste Priorität. Vor der Durchführung einer klinischen Studie muss die Unbedenklichkeit einer neuen Behandlung oder Methode im Labor anhand von Zellkulturen, Computermodellen oder Tierversuchen untersucht werden. Erst wenn diese präklinische Phase sicher verlaufen ist, dürfen sich klinische Studien mit den direkten Auswirkungen und möglichen Risiken auf den Menschen beschäftigen.
Klinische Studien unterliegen zusätzlich Bestimmungen der EU, des deutschen Arzneimittelgesetzes und den Leitlinien zur Guten Klinischen Praxis (GCP; Good Clinical Practice). Die Deklaration von Helsinki regelt die ethischen Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen. Daher ist die Voraussetzung jeder klinischen Studie die Genehmigung durch die zuständige Bundesoberbehörde – je nach Therapie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – und die Ethik-Kommission. Sie entscheiden unter anderem, ob der Nutzen einer Studie den möglichen Risiken überwiegt.
Ob die Teilnahme an einer klinischen Studie für Sie in Frage kommt, sollten Sie mit Ihren behandelnden Ärzt:innen abklären. Sie sind auch eine gute Anlaufstelle für weitergehende Fragen zu diesem Thema.