Neben einer Operation, Chemotherapie oder Bestrahlung kann eine Antihormontherapie oder eine zielgerichtete Therapie (Immuntherapie / Antikörpertherapie) ein wichtiger Teil der Behandlung sein.1,2 Antihormon- und zielgerichtete Therapien machen sich bestimmte Eigenschaften von Krebszellen zu Nutze. Welche dieser Therapien für Betroffene in Frage kommt, hängt neben den persönlichen Wünschen stark von der individuellen Erkrankungssituation ab.1–3

Antihormon- und zielgerichtete Therapien bei Brustkrebs

Antikörpertherapien und weitere zielgerichtete Therapien bei Brustkrebs

Zielgerichtete Therapien richten sich spezifisch gegen bestimmte Merkmale der Krebszellen und sollen Vorgänge in der Zelle blockieren, die für das Krebswachstum wichtig sind. Sie nutzen tumortypische Merkmale als Angriffspunkt und wirken so „krebsspezifischer“ als die klassische Chemotherapie. Dadurch sind sie oft etwas besser verträglich als Chemotherapien. Dennoch können auch sie mit Nebenwirkungen einhergehen, da ihre Zielstrukturen nicht ausschließlich in Tumorzellen, sondern auch in gesunden Zellen vorkommen, jedoch deutlich seltener.2

Zu den zielgerichteten Therapien zählen bei Brustkrebs zum Beispiel Antikörpertherapien, Antikörper-Wirkstoff-Konjugate und Therapien mit Signalweghemmern. Jede Therapie hat dabei einen bestimmten Angriffspunkt der Krebszellen zum Ziel. Im Rahmen der Diagnostik wird für jeden Einzelfall untersucht, ob eine der zielgerichteten Therapien geeignet ist. Das hängt hauptsächlich davon ab, ob der vorliegende Brustkrebs den entsprechenden Angriffspunkt aufweist.2

Zielgerichtete Therapien bei Brustkrebs mit positivem HER2-Status

Bei etwa 15 bis 20 von 100 Frauen mit Brustkrebs liegt ein positiver HER2-Status vor. Dies bedeutet, dass eine bestimmte Bindestelle, der sogenannte HER2- Rezeptor, in erhöhter Menge auf der Oberfläche der Krebszellen vorkommt. HER2 steht für „Humaner Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor Typ 2“. Dieser Rezeptor leitet Wachstumssignale ins Zellinnere weiter und sorgt dafür, dass sich Zellen mehr teilen als üblich. Deshalb kann ein Brustkrebs mit positivem HER2- Status aggressiver verlaufen.2,4 Bei einer HER2-low oder -ultralow-Expression ist die Anzahl der HER2-Rezeptoren gering bis extrem gering. Bei einem positiven HER2-Status kann die Behandlung mit bestimmten Antikörpern oder kleinen chemischen Verbindungen, sogenannten Kinasehemmern, eine Option sein.2

Therapie mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate bei HER2-negativem Brustkrebs – hormonrezeptorpositiv oder triple-negativ

Mittlerweile gibt es auch für Brustkrebs mit negativem HER2-Status Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. Wie andere Antikörper-Wirkstoff-Konjugate auch, bestehen sie aus einem Antikörper, der mit einem chemotherapeutischen Wirkstoff verbunden ist. Statt an den HER2-Rezeptor bindet der Antikörper in diesem Fall allerdings an das Eiweiß TROP2, das auf vielen Brustkrebszellen vorhanden ist. Der chemotherapeutische Wirkstoff wird daraufhin in die Zelle aufgenommen, dort freigesetzt und kann seine Wirkung entfalten.6–8 Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, die sich gegen TROP2 richten, werden unter bestimmten Voraussetzungen bei inoperablem oder metastasiertem Brustkrebs eingesetzt, der dazu HER2-negativ und hormonrezeptorpositiv oder triple-negativ ist.6,7 (Als triple-negativ wird Brustkrebs bezeichnet, bei dem weder Bindungsstellen für die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron noch für den Wachstumsfaktor HER2 vorhanden sind.9) Sowohl bei triple-negativem als auch bei HER2-negativem hormonrezeptorpositivem Brustkrebs werden diese Antikörper-Wirkstoff-Konjugate nur im fortgeschrittenen Stadium und nach bestimmten vorangegangenen Therapien angewandt.6,7

Gezielte Therapie bei BRCA1/2-Mutation: PARP-Inhibitoren

Eine innovative Therapieoption bei Brustkrebspatientinnen, die bestimmte Veränderungen in ihrem Erbgut – eine BRCA1/2-Mutation – aufweisen, sind sogenannte PARP-Inhibitoren. Die Wirkstoffe greifen gezielt in einen Mechanismus ein, den Krebszellen mit BRCA1/2-Mutation für die Reparatur geschädigter DNA brauchen, und können so das Wachstum der Tumorzellen stoppen.2,10 PARP-Inhibitoren können bei einem triple-negativen oder einem hormonrezeptorpositiven Brustkrebs mit hohem Restrisiko für einen Erkrankungsrückfall eingesetzt werden, wenn eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation vorliegt.10 Sie werden in Form von Tabletten oder Kapseln eingenommen.2

Immuntherapie – Die körpereigene Abwehr gegen den Krebs aktivieren

Krebszellen nutzen vielfältige Mechanismen, um der körpereigenen Abwehr zu entgehen und nicht von Immunzellen angegriffen zu werden. Zielgerichtete Antikörper, sogenannte Checkpoint-Inhibitoren, können diese Hemmung der Immunabwehr ausschalten und das körpereigene Immunsystem gegen den Tumor aktivieren.5,10 Checkpoint-Inhibitoren werden beim triple-negativen Brustkrebs in Kombination mit einer Chemotherapie eingesetzt. Außerdem sollte der Tumor eine bestimmte Eigenschaft (PD-L1-Positivität) aufweisen.2,10

Antikörper gegen die Neubildung von Blutgefäßen

Ist der Brustkrebs bereits metastasiert, kann ein Antikörper eingesetzt werden, der die Gefäßneubildung des Tumors verringert und auf diese Weise das Wachstum hemmt.2,5

Antihormontherapie bei hormonempfindlichem Brustkrebs

Bei vielen Betroffenen wird das Wachstum der Krebszellen von den weiblichen Geschlechtshormonen Östrogen und/oder Progesteron angeregt. Wenn diese Hormone an Bindestellen auf der Oberfläche der Krebszellen – sogenannten Rezeptoren – andocken, wirken sie auf das Wachstum der Zellen ein.1 Werden im Rahmen der Diagnose von Brustkrebs bei mehr als 10 von 100 Krebszellen solche Rezeptoren nachgewiesen, wird dieser Tumor als hormonempfindlich (HR positiv) bezeichnet.5 Sein Wachstum wird also durch Hormone beeinflusst. Das heißt auch, dass das Wachstum des Tumors gestoppt oder zumindest verlangsamt werden kann, wenn ihm die Hormone fehlen. Durch eine sogenannte Antihormontherapie können die entsprechenden Hormone entzogen werden. Mediziner:innen sprechen auch von einer endokrinen Therapie.1,5

Für diese Art der Therapie stehen heute verschiedene Formen zur Verfügung. Welche Form geeignet sein könnte, hängt vor allem davon ab, ob die Eierstöcke einer Patientin noch Geschlechtshormone bilden und sie damit vor den Wechseljahren an Brustkrebs erkrankt ist. Ist die Monatsblutung zum Zeitpunkt der Diagnose bereits länger als ein Jahr ausgeblieben, spricht man von einer Erkrankung „nach den Wechseljahren“ (postmenopausal).4

Antiöstrogenbehandlung – die Wirkung von Östrogen blockieren

Bei Patientinnen vor den Wechseljahren (Prämenopause) wird als Antihormontherapie in der Regel eine Antiöstrogenbehandlung durchgeführt. Bei dieser Therapie wird ein Antiöstrogen gegeben, das die Bindestellen (Rezeptoren) des weiblichen Hormons Östrogen auf den Zellen blockiert. Das Östrogen wird daran gehindert, an die Krebszelle anzudocken und das Signal zur Förderung des Wachstums kann nicht weitergegeben werden.1

GnRH-Analoga und Aromatasehemmer – den Östrogenspiegel im Körper senken

Neben der Behandlung mit Antiöstrogenen gibt es eine alternative Strategie, bei der die Hormonmenge im Körper, die auf die Krebszellen einwirken kann, reduziert wird. Sogenannte GnRH-Analoga (GnHR steht für Gonadotropin-Releasing-Hormon) und Aromatasehemmer unterdrücken dabei die Produktion von Östrogen in verschiedenen Geweben, wie zum Beispiel den Eierstöcken.1

Durchführung der Antihormontherapie

Eine Antihormontherapie folgt in der Regel auf eine operative Entfernung des Tumors (adjuvante Therapie). Ist nach der Operation auch eine Chemotherapie geplant, verschiebt sich der Beginn der Antihormontherapie, da die Chemotherapie zunächst abgeschlossen wird. Die Antihormontherapie kann zeitgleich mit einer Bestrahlung erfolgen.1,4

Eine Antihormontherapie bei Brustkrebs wird für gewöhnlich über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren durchgeführt. Abhängig von der individuellen Situation kann sie sich auf bis zu 10 Jahre ausdehnen. Manche Medikamente werden hierbei täglich in Tablettenform eingenommen, andere in regelmäßigen Abständen (alle zwei Wochen bis drei Monate) unter die Haut oder in einen Muskel gespritzt.1 Eine regelmäßige Einnahme oder Verabreichung ist sehr wichtig, damit die Medikamente zuverlässig wirken können.4

Antihormontherapie bei Metastasen

Im metastasierten Stadium wird bei einem hormonempfindlichen Tumor die Antihormontherapie wenn möglich der Chemotherapie vorgezogen, da die meisten Patientinnen sie besser vertragen. Sollte die Antihormontherapie keine Wirkung mehr zeigen, kann möglicherweise auf eine Chemotherapie umgestellt werden.4

Moderne Therapieoptionen zur Unterstützung der klassischen Antihormontherapie

Zusätzlich zur klassischen Antihormontherapie gibt es weitere Therapieoptionen, die eingesetzt werden können, um die Wirkung der Antihormontherapie zu verstärken oder eine mögliche Resistenz der Tumorzellen zu überwinden.

Abbau der Östrogenrezeptoren bei ESR1-Mutation

Im Laufe der Zeit können sich Tumorzellen so verändern (mutieren), dass bestimmte Therapien nicht mehr wirken. Das nennt man Resistenz oder Unempfindlichkeit. Ein Beispiel dafür ist, wenn das Gen für den Östrogenrezeptor (ESR1) mutiert und der Tumor dadurch auch ohne das Hormon Östrogen weiterwachsen kann. Die Antihormontherapie verliert in diesem Fall ihre Wirkung.11 Es stehen alternative Therapien zur Verfügung, die den Östrogen-Signalweg an einer anderen Stelle blockieren, um die Resistenz zu umgehen. Dazu gibt es Medikamente, die den Östrogenrezeptor daran hindern, das Wachstumssignal weiterzugeben und die zu einem Abbau der Krebszellen führen.11 Liegt eine ESR1-Mutation vor, ist nach einer Vortherapie mit einem CDK4/6-Hemmer die Behandlung mit einer sogenannten selektiven östrogenrezeptorabbauenden Substanz (SERD) möglich.10

Signalweghemmer bei hormonsensitivem Brustkrebs

Bei hormonrezeptorpositivem Brustkrebs können auch sogenannte Signalweghemmer eingesetzt werden. Sie gehören zu den zielgerichteten Therapien und hemmen das Wachstum der Krebszellen, indem sie bestimmte Signalwege der Zellen stören. Die Zellen können sich dadurch nicht mehr teilen und vermehren.2,5 Signalweghemmer werden in der Regel zusätzlich zu einer Antihormontherapie eingesetzt. Die Kombination der Antihormontherapie mit Signalweghemmern wird auch als antihormontherapiebasierte oder endokrinbasierte Behandlung bezeichnet.10

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DE-82623/06-2025